typische anfängerfehler beim wandern und wie es mit 8 einfachen tipps richtig geht

22. Mai 2021

UNAUFGEFORDERTE WERBUNG

auf dem Weg zum 2. Etappenziel des Olymp

Nicht erst seit vor einigen Jahren der Hype um das alpine Wandern entstanden ist, erobern sich waghalsige Menschen doch tatsächlich mit Flip Flops, Turnschuhen oder gar Manolo Blahniks die schroffen Gebirgswelten Europas.

 

Auch ich erinnere mich sehr gut daran, wie ich mit meinen Eltern Mitte der 80er Jahre vom höchsten Gipfel Deutschlands auf einer knapp 10-stündigen alpinen Wandertour in das Österreichische Ehrwald hinabgestiegen bin - und zwar in saloppen Puma-Turnschuhen.

 

Erzähle ich meinen wanderbegeisterten Freunden von diesem aufregenden Abenteuer, das wir alle wie durch ein Wunder mit unversehrten Beinen und Füßen quietschfidel und quicklebendig überlebt hatten, so ernte ich missbilligendes, verständnisloses Kopfschütteln.

 

Wie kann man nur in Turnschuhen eine Gipfelwanderung unternehmen und sich dabei nichts brechen? Mehr Glück als Verstand müssten wir gehabt haben.

 

Hatten wir auch. Und nicht nur Glück im Gepäck, sondern eine ebenso große Portion Trittsicherheit, alpines Wissen sowie Kondition, Ausdauer und einen unbändigen mentalen Willen, unser Ziel talabwärts zu erreichen.

 

Gipfelbesteigung des Olymp

Was uns damals grundlegend abging, war das Wissen um die richtige alpine Ausrüstung.

 

Packlisten sowie sie heute allerorts in jedem guten Wanderführer angepriesen werden, gab es früher nicht. Schließlich kaufte man sich als eingefleischter Flachlandtiroler für den Wanderurlaub in den Alpen nicht extra eine funktionstüchtige Ausrüstung.

 

Stattdessen trugen wir das, was wir im Koffer als Allzweckgarderobe für das "Draußen-Vergnügen" in der Natur mitbrachten.

 

Dazu zählten Jeans, Baumwollshirts, Turnschuhe und eine warme Strickjacke, die bereits bei einem moderaten Regenschauer die Funktionstüchtigkeit eines Wasserschwamms aufwies.

 

Wechselkleidung: Fehlanzeige! Proviant: leider im Kühlschrank vergessen!

 

am Fuße des Olymp

So schleppten wir uns hungrig und oftmals dehydriert mit allerletzter Kraft in Richtung Etappenziel, nur um durstig wie 100 Bergziegen literweise Gletscherwasser auf Ex zu trinken.

 

Ebenso wenig blieb es auf unseren Wanderungen aus, dass wir von heftigen Regengüssen so kalt erwischt wurden, dass wir pitschnass, triefend und durchfroren, wie die letzten frostkötteligen Deppen mit eingezogenen Köpfen den Rückzug in die wärmenden vier Wände unserer Ferienwohnung antraten.

 

Ein wenig geläutert schworen wir uns dann, es beim nächsten Mal etwas vorbereiteter anzugehen, nur um kurz darauf just bei der nächsten Wanderung erneut vom Regen in die Traufe zu kommen und von einem der heftigsten Gewitter auf frischer Tat ertappt zu werden.

 

Panisch rannten wir dann auf rutschigem Geröll dem Gewitter davon, zumindest versuchten wir es. Durchnässt und völlig desillusioniert verbrachten wir dann den Rest des verhagelten Tages in einem gutbürgerlichen Lokal.

 

Während sich mein Vater entnervt über eine Schweinshaxe hermachte, versuchten wir Frauen uns bei einem Stück Apfelstrudel den ins Wasser gefallenen Tag zu versüßen. So weit, so wenig gut!

 

alpines Gelände auf dem Weg zum Olymp

der Berg der Götter - der Olymp

Viele Jahre später und um einige Wandererfahrungen reicher sollten mir die Faux pas meiner alpinen Vergangenheit nicht  mehr so ohne Weiteres passieren.

 

Ich hatte schließlich gelernt, dass nicht nur Vorbereitung alles ist, was man zum Wanderglück benötigt, sondern auch das Erlernen des Wanderns eine Liga für sich ist: nämlich eine Kunst!

 

Wer glaubt, einfach nur gehen zu müssen und dabei seine Füße lediglich einen vor den anderen zu setzen, der irrt ganz gewaltig.

 

Wandern erfordert eine gehörige Portion Souveränität. Und die lässt sich nur mit folgenden Attributen erlangen:

 

Pause unterhalb des Olymp

1. Ausdauer und Kondition

Ohne Kondition, Körperkraft und Ausdauer geht einfach gar nichts. Wie auch sollten wir ansonsten unser Gleichgewicht auf unebenen oder gerölligen Pfaden ausbalancieren. Wir benötigen eine ganze Menge Kraft aus den Beinen und Oberschenkeln und auch unsere Pomuskulatur hilft dabei enorm, sich auf steilen Passagen gegen die Schwerkraft bergaufwärts zu bewegen.

 

Ohne unsere körpereigene Hubkraft wird es bereits auf mittelschweren Wanderungen kritisch. Jedoch kann man mit einer durchschnittlichen Alltagskondition auf ebenen Wegen Ausdauer und Kondition trainieren und stetig optimieren.

 

Übung macht schließlich und endlich den Meister. Und je ausdauernder man wandert, desto schneller kann man auf anspruchsvollere Wandertouren umsteigen.

 

2. Mentale Kraft

Ohne den ungebrochenen Willen ein Ziel erreichen zu wollen, geht schon mal gar nichts. Wandern ist eine Ausdauersportart, die nicht auf schnelle, sondern langfristige Erfolge ausgelegt ist.

 

Somit kann das avisierte Ziel schon mal in sehr weiter Ferne liegen. Wer kurz vor dem Gipfel umkehrt, hat da bereits verloren. Wer bei Hitze, Kälte und widrigen Wetterverhältnissen mental schlappmacht, kann sich unter Umständen sogar in Gefahr bringen.

 

Durchhaltevermögen, auch wenn es anstrengend, schwierig oder gar langatmig werden sollte, ist ein unabdingbarer Schlüssel zum Wandererfolg.

 

historische Brücken in der Region Epirus in Griechenland

3. vorbereitung der tour

Einfach so drauf losmarschieren kann man eventuell noch im Flachland. Im Gebirge wird es brenzlig, wenn man nicht weiß, wie viele Kilometer vor einem liegen, wie anspruchsvoll die Tour ist und welche körperlichen Voraussetzungen man dafür erfüllen muss. Hat die Wanderungen Schlüsselpassagen? Worauf muss ich unbedingt achten? Wie früh sollte ich aufbrechen? Alles Fragen, die man sich vorab stellen und auf die man vorbereitet sein sollte. Dann wird die unbekannte Tour nicht zur bösen Überraschung.

 

4. Trittsicherheit & ökonomisches Wandern

Und da haben wir sie auch schon wieder. Die Eier legende Wollmilchsau namens Trittsicherheit. Auf Schritt und Tritt sicher durch unwegsames Gelände: Das bedeutet nicht nur ganz genau zu wissen, wohin man seinen Fuß als Nächstes setzt, sondern insbesondere mit den Augen seinen Schritten immer ein Stück voraus zu sein.

 

Dabei ist wichtig, dass man seine Trittmöglichkeiten erkennt, in einem gleichmäßigen und ruhigem Gehtempo voranschreitet und mit dem Blick auf die Füße gerichtet, niemals den Fokus auf das nähere Umfeld des Wanderweges verliert.

 

Zudem sollte man nie zu große Ausfallschritte machen, sondern immer kleine, bedachte Schritte. Und diese umso mehr, je steiler man auf- oder absteigt. Das Gleichgewicht wird es einem danken, denn Sicherheit auf schwindelerregenden Höhen geht schließlich vor.

 

5. Bequemes Schuhwerk

Unterschätze niemals die Schlüsselrolle von Wanderschuhen, denn sie tragen über Stock und Stein durch unwegsames Geröll und schwierige Schüsselpassagen, und überstehen viele, sehr viele Stunden auf langen Wegstrecken in der wilden Natur. Deshalb ist es auch so essenziell wichtig, dass man bei seiner Wanderausrüstung nicht am Schuhwerk spart.

 

Was man daher unbedingt beachten sollte, wenn man sich erstmals ein Paar Wanderschuhe kaufst:

 

1. Wanderschuhe sollten immer eine Nummer größer getragen werden, als es die reguläre Schuhgröße vorgibt. Denn mit zusätzlich dicken Wandersocken brauchen die Füße genügend Platz im Schuh, um bequem und ohne Quetschungen laufen zu können. Beachte daher auch, dass beim Bergabgehen deine Zehen weit nach vorne geschoben werden. Ist der Schuh zu eng, drückt es und mit ganz viel Pech läuft man sich am Ende Blasen oder sogar blutige Füße. Mir ist das anfänglich des Öfteren passiert, bis es mir gereicht hat und ich endlich in ein gutes Paar Wanderschuhe investiert habe, die mich nunmehr seit über fünf Jahren sicher, bequem und ohne jegliche Vorkommnisse auf allen möglichen alpinen und nicht-alpinen Wanderwegen gut und sicher getragen haben.

 

Mehr zum Thema Wanderschuh gibt es in meinem Beitrag:

 

#Nicht ohne meine Wanderschuhe

 

griechische Bergwelten

6. Alpine Erfahrungswerte

Alpine Erfahrungswerte kann man erst dann erlangen, wenn man bereits oft genug in den Wandergenuss gekommen ist, Wegbeschaffenheiten, Wetterverhältnisse und dergleichen zu Genüge reflektiert hat. So gilt die Faustregel, immer gegen 15:00 Uhr aus dem Berg zu sein, bevor das Wetter umschlägt, denn das tut es zu 99,9%, den Erfahrungswerten sei Dank.

 

7. wanderausrüstung

Wie schon zu Anfang erwähnt: Puma-Turnschuhe, Jeans und Strickjacke bringen es tatsächlich nicht, wenn man auf einer Wanderung bei Wind und Wetter oder gar im alpinen Gelände überleben will.

 

Funktionsbekleidung, sprich eine mehrlagige Ausstattung bestehend aus Funktionsshirt, Weste, Outdoorjacke, Wanderschuhe, Rucksack und Wechselkleidung sollten immer mit dabei sein.

 

Besonders wichtig ist natürlich Proviant. Genügend Wasser (min. 2 Lite pro Person), Energieriegel und eine Brotzeit sollte man unbedingt im Rucksack mit sich führen - und eine Erste Hilfe Kit, damit zumindest auch Verletzungen grundversorgt werden können.

 

8. Selbsteinschätzung

Zu wissen, was man kann oder nicht, ist essenziell wichtig auf einer Wanderung. Selbstüberschätzung fatalerweise fehl am Platz. Grundsätzlich kann man aus seiner Planung, der eigentlichen Durchführung der Wanderung und der nachträglichen Reflexion die besten Schlüsse ziehen und genauestens abwägen, ob die Tour zu einem gepasst hat, ob sie vielleicht doch zu überfordernd war und welche Anforderungen von Nöten sind, um beim nächsten Mal sein Ideal aus Dauer, Schwierigkeitslevel und Wegbeschaffenheit austarieren zu können.

 

Denn nichts ist schlimmer, als wenn man sich einer Vorstellung hingibt, die entweder illusorisch oder utopisch an der Wanderrealität vorbeigeht.

 

Noch immer sehe ich das junge Wanderpaar kurz vor dem Gipfelziel des Wanks bei Garmisch-Partenkirchen umkehren. Sie hatten ihre Zielvorgabe, den Gipfel in zwei Stunden zu erklimmen, nicht erfüllt. Beide waren genau 2,5 Stunden unterwegs gewesen und hätten gerade noch 20 Minuten gebraucht, um den schönsten Ausblick über Garmisch-Partenkirchen und das gegenüberliegende Zugspitzareal zu erhaschen.

 

Wie schade, dass den Wanderneulingen in dieser Situation die Wandersouveränität völlig gefehlt hat.

 

Kenne deine Grenzen und lote sie gegebenenfalls aus.

 

Ich hoffe, dir mit meiner kompakten Souveranitätsbibel für Wandereinsteiger einen Vorgeschmack auf die schönste Freizeitbeschäftigung in der Natur gegeben zu haben.

 

Und nun viel Spaß beim Wandern!

 


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