14. FEBRUAR 2020
UNAUFGEFORDERTE WERBUNG
Unter den Wanderschuhen knistert es auf Schritt und Tritt. Seit gestern liegt endlich Schnee in den Allgäuer Alpen. Schneebedeckte Wiesen, Täler und Berggipfel wirken wie einmal in den Puderzucker eingetunkt. Im Sonnenlicht funkelt der Schnee wie tausend glitzernde Brillanten, so hell, dass es einem fast die Sicht verblendet.
In Tiefenbach hat der Winter sein allerschönstes Kleid angezogen. Das malerische Dorf, das 887 Meter hoch gelegen ist und 150 Meter höher liegt als der durch den Tourismus boomende Nachbarort Oberstdorf, macht seinem Namen nicht im wahrsten Sinne des Wortes alle Ehre, sondern punktet vielmehr durch die sonnenverwöhnte, exponierte Lage auf panoramareicher Hochebene.
Sensationelle Ausblicke auf das umliegende Bergmassiv und der einmalige Blick hinunter auf Oberstdorf mit seinen Skisprungschanzen, sind schon allein den Ausflug nach Tiefenbach wert.
Doch auch der kleine Ortskern, der schon von weitem einen atemberaubende Kulisse vor den schneebedeckten Bergwelten bildet, ist jedes "instagramable" Foto wert. Von der Kirche St. Barbara ausgehend, gibt es unzählige Wandermöglichkeiten, die ein über 200 Kilometer weites Netz spannen.
Zu den bekanntesten Ausflugszielen zählt dabei ganz besonders die Breitachklamm, die als eine der tiefsten, über hundert Meter hohen und steil herabfallenden Felsenschluchten gilt. Seit 1905 über einen Wanderweg erschlossen, kann sie zu jeder Jahreszeit begangen werden und ist im Winter ein einzigartiges Winterwundermärchen per se. Dann nämlich hängen spitze Eiszapfen vom kargen Felsgestein herab und formen mächtige Eisvorhänge in die verwunschene und erstarrte Pracht des ewigen Gesteins.
Und auch das Rohrmoostal, das sich südwestlich von Tiefenbach befindet, ist ein beliebtes Wandergebiet mit einer kleinen Siedlung, die sich seit dem Jahr 1500 im Besitz des Fürsten Walburg-Wolffegg befindet.
Wer eine Schneegarantie für Bilderbuch-Winterlandschaften benötigt, der ist im Rohrmoostal bestens aufgehoben, denn das "Schneeloch", wie es auch häufig bezeichnet wird, ist äußerst beliebt bei Skilangläufern und Schneeschuhwanderern gleichermaßen.
Auf meiner heutigen Tour führt mich mein Weg Richtung Rohrmoostal immer eben ab auf einem Hochplateau durch lichtdurchflutete Berghänge mit atemberaubenden Aussichten auf die umliegenden Berglandschaften. Bei strahlend blauem Himmel und winterweißer Schneepracht, geht es immer tiefer in das idyllische Tal hinein.
An schneebedeckten Waldsäumen sichte ich plötzlich mehrere grau-braune Punkte, die sich durch den Pulverschnee bewegen. Es sind Gemsen, die sich bei ihrer Futtersuche weiter nach unten in talnähe getraut haben. Friedlich grasen sie an den wenigen lichten Stellen, an denen das Sonnenlicht den Schnee bereits weg getaut hat.
Ich versuche mit meiner Kamera noch ein bisschen näher an die menschenscheuen Felskraxler heranzukommen. Doch vergebens. Nur aus sicherer Entfernung lassen sich diese erhabenen, aber sehr, sehr scheuen Bergbewohner bewundern.
Die Bergwelt, die Einsamkeit und die absolute Stille der Natur machen mir das Wandererlebnis zu einem unvergesslichen Ereignis der Extraklasse. Selten erlebe ich in meinem Alltag so viel Ruhe und Minimalismus. Meine Sinne sind auf einmal geschärft, meine Wahrnehmung ausgeprägt und messerscharf. Ich höre nichts weiter, als die vereinzelten Geräusche aus der Natur. Kein Großstadtlärm, der mich plagt und irritiert. Keine stumpfsinnige Zerstreuung, die mir wertvolle Zeit raubt. Die Natur und ich, eine Symbiose, die perfekt harmoniert.
Leider muss ich meine Wanderung durch das Rohrmoostal frühzeitig abbrechen, denn es fängt schon langsam an zu dämmern. Ich lasse mir sagen, dass die Kapelle St. Anna am Ende des Tales ein absolutes Highlight gewesen wäre.
Sie ist nämlich die älteste Holzkapelle des süddeutschen Raumes, die im 16. Jahrhundert im Stil der Spätrenaissance erbaut wurde. Besonders schone Fresken und volkstümliche Malereien zieren das Innenleben der Kapelle, die wohl in Bayern einzigartig und somit ein Unikat ist.
Mein Tag endet mit einem beseelten Lächeln auf meinen Lippen. Bettschwer sinke ich in meine butterweichen Kissen und träume von malerischen Bergkulissen, glitzernden Schneelandschaften und von unvergesslichen Winterabenteuern in den eingeschneiten Tälerwelten.