16. Mai 2019
UNAUFGEFORDERTE WERBUNG
Fast jeder von uns liebt Mode. Aber haben wir schon mal darüber nachgedacht, wie und unter welchen ausbeuterischen Bedingungen Mode entsteht? Das antikapitalistische Buch der Mode von Tansy E. Hoskins öffnet uns die Augen, was Mode im Zeitalter des Kapitalismus bedeutet. Kritisch und an der Faktenlage orientiert beschreibt die junge Autorin sehr anschaulich das System der Modebranche, ihre zerstörerische Gewalt, die hinter einer illusorischen Fassade aus wunderschönem Geschmeide lauert und ihre Abhängigkeit schaffende Gier nach immer mehr Konsum.
Mode ist ein hartes Geschäft. Das weiß ich so genau, da ich selbst vor einigen Jahren in dieser Branche gearbeitet habe. Und nicht nur das: ich kann auch Nähen. Daher weiß ich,wie lange es dauert, bis ein fertiges Kleidunsstück den Weg ins Ladengeschäft findet. Vom Zuscheiden, über das Fertigen bis hin zum letztendlichen Versäubern braucht man Präzision, Zeit und einen starken Rücken. Arbeitet man dann noch in einer Fabrik im Akkord, ohne nennenswerte Pause und näht fünfzig, sechzig, siebzig oder mehr Ärmel pro Tag, dann ist man kaputt, sowohl körperlich als auch seelisch!
Tansy E.Hoskins beschreibt in ihrem Buch sehr faktisch und Detail genau, wie die Modeindustrie, alle ihr anhängenden Bereiche systematisch ausbeutet, um größtmögliche Gewinnmaximierung zu erzielen. Auf Kosten der arbeitenden Schicht, der Umwelt und auch der Konsumenten wird Mode als Instrument des Kapitalismus missbraucht und weitestgehend ausgehöhlt. Das Menschen dabei in einstürzenden Fabriken sterben, Models sich zu Tode hungern, die Umwelt immer mehr verseucht wird, sieht der gemeine Konsument nicht. Oder will er es nicht sehen, weil er einer Illusion hinterher jagt, die seine vermeintliche Sinnsuche durch die Mode zu Stillen vermag. Lest dieses Buch, denn es ist spannender, als der spannendste Thriller, aufschlussreich und ein absoluter Augenöffner.
Ich liebe Mode sehr, aber mein Blickwinkel hat sich durch diese Lektüre deutlich verändert. Die Frage, die sich mir jetzt immer fordernder stellt, ist: Brauchen wir Trends oder brauchen wir Kleidung, die unsere Persönlichkeit unterstreicht. Wollen wir weiterhin Marionetten sein, die sich in jeder Saison neue Klamotten kaufen müssen, um in der Gesellschaft bestehen zu können? Was ist Individualismus?
Es ist jedenfalls nicht derTrend, der uns dazu macht. Mein Credo: qualitativ kaufen, zeitlose Mode kaufen, weniger kaufen, seinen Stil dabei finden. Denn wer Stil hat, braucht sich dem Modediktat niemals zu unterwerfen - und wie befreiend kann das nur sein! Letztendlich steckt in uns doch so viel mehr, als was die Mode vermag aus uns zu machen.