der herbst meines lebens

UNAUFGEFORDERTE WERBUNG

01. NOVEMBER 2019

 

"Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne!"

 

Als im Sommer letzten Jahres eine Tür hinter mir ins Schloss fiel, endgültig und für immer, stand ich stumm und erstarrt, ausgeschlossen von allen mir lieb gewonnenen Annehmlichkeiten und Gewohnheiten, in der Kälte der nicht ganz risikofreien Ungewissheit - ganz allein. Ich wusste, es würde kein Zurück geben. Ich hätte rütteln können an dieser Tür, die mir immer noch vermeintliche Sicherheit vorgaukelte.

 

Doch hätte das irgendetwas gebracht? Vielmehr wurde mir mit jedem Schritt, mit dem ich mich von meiner jüngsten Vergangenheit löste, immer bewusster, dass ich auch gar nicht in das alte Leben, das mir ein für alle Mal den Rücken gekehrt hatte, zurück wollte. Um keinen Preis! Ich hatte es sowieso nicht wirklich gemocht. Die meiste Zeit der längst an mir vorbei gezogenen Jahre war mühsam durchkämpft und hatte mich dabei bis zur totalen Ermüdung erschöpft, sodass ich mein Leben nur noch als einen einzigen schmerzhaften Krampf empfand. Wieso sollte ich es also vermissen? Ich wollte etwas Neues, Gutes und Nachhaltiges.

 

 

Doch was genau mir da so vorschwebte, konnte ich leider zu dem Zeitpunkt überhaupt noch nicht greifen, geschweige denn definieren. Die Wunde der Vergangenheit war noch frisch am Bluten. Verheilt und verarbeitet war bis dato noch gar nichts. Also beschloss ich mir eine längere Auszeit von vier Wochen zu gönnen, um den alten Ballast auf meinen Schultern abzuwerfen und einen gänzlich anderen Weg einzuschlagen, der mir hoffentlich neue Zukunftsperspektiven und eine für mich besser funktionierende Lebensart eröffnen würde.

 

Es war im Oktober 2018, als es mich voller Sehnsucht in das Werdenfelserland zog. Dorthin, wo sich Fuchs und Hase noch "Gute Nacht" sagten, glückliche Kühe leckere Milch gaben und die Welt noch in Ordnung schien. Im Zugspitzareal wollte ich dem Zauber des Herbstes erliegen und verstehen, warum jedem Anfang derselbe innewohnt!
 

 

Tatsächlich wurde es „der Herbst meines Lebens“. Und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn ich hatte seit Ewigkeiten nicht mehr so viele Wochen am Stück eine so unbekümmerte Zeit voller einprägsamer und erkenntnisreicher Erlebnisse gehabt. Ich wanderte jeden Tag, mindestens fünf Stunden, durchquerte Täler, beschritt panoramareiche Höhenwege und erklomm den einen oder anderen Berggipfel, was mir anfänglich enorm schwer fiel und mir Trittsicherheit und ganz besonders viel Mut abverlangte.

 

Doch mit den Wochen wurde meine Kondition besser, meine Muskulatur trainierter, meine Ängste geringer und meine Energie vergleichbar mit einem unermüdlichen "Duracell-Häschen". Es schien so, als hätte man mir den Ausschaltknopf abmontiert. Ich war einfach nicht totzukriegen und wollte immer mehr. Mehr laufen, mehr wandern, stetig gehen, gehen und immer weiter gehen, ganz hinauf auf den nächsten Berg, auf den nächsten Gipfel.

 

 

Vermutlich war ich einer Sucht erlegen. Ausreichend gedopt mit Sauerstoff und Endorphinen im Blut, lief sich mein Leben auf einmal ganz leicht, unbeschwert und befreit dahin. Es plätscherte unaufhörlich, wie ein nicht enden wollender Bachlauf. Und bald schon wurde aus dem kleinen Bächlein, ein reißender Strom. Mich riss das Leben endlich wieder mit! Alle inneren Blockaden lösten sich so plötzlich, wie sie gekommen waren, ganz wie von selbst. Ausgeglichenheit, Zufriedenheit, unbändige Energie, Neugier auf noch Unentdecktes, kreative Ausbrüche und eine geradezu euphorische Freude gingen mit meinem frisch praktizierten Lebensstil einher. Dabei waren die Zutaten zu diesem Glücksrezept keine Raketenwissenschaft.

 

Alles, was es dazu brauchte, war die Natur, die Ruhe, die Bewegung und das Schweigen. Ja, ganz besonders das Schweigen, das „Nicht-Reden“ hatte erheblich dazu beigetragen, meinen unruhigen von tagtäglich 60.000 unnützen Gedanken geplagten Geist zum Stillstand zu bringen. Vier enthaltsame Schweigewochen ohne Gesprächspartner, ohne Freunde, die einen beim Wandern Gesellschaft leisten konnten, zwangen meinen Redefluss so endgültig in die Knie, dass auch die Gedanken, die mich in den ersten Tagen meiner Wanderschaft noch quälten und unerlässlich auf mich einprasselten, langsam aber sicher Frieden walten ließen, um letztendlich ganz von mir abzulassen und zu verschwinden. Und das "Auf nimmer Wiedersehen!"

 

 

Was sich daraufhin einstellte, war himmlisch, um nicht zu sagen berauschend. Ich dachte nichts mehr, kein einziger Gedanke durchquerte meine geistige Milchstraße. Es fühlte sich fast so an, wie eine leere Autobahn, verkehrsarm und staufrei.

 

Dafür nahm ich plötzlich alle Geräusche und „Nicht-Geräusche“ um mich herum wahr. Die Natur zeigte mir ihr Gesicht von der unberührtesten Seite: die Magie der absoluten Stille, die herrlichen Klänge und Laute der Tiere, das Rauschen in den Bäumen und das Säuseln des Windes in den Wipfeln. Ich spürte und fühlte, aber ich dachte nichts mehr. Ich war leer und dennoch voll. Voll von Eindrücken, Erlebnissen und Erfahrungen, die mir in der Stille, die mich umgab und die ganz besonders tief in mir verankert war, zuteil wurden.

 

 

Ich wurde achtsam, reflektierte wieder, nahm Dinge augenscheinlich wahr, bekam neue kreative Impulse und positive Anreize und begriff zum ersten Mal, dass nur ein totales „Reset“ (so, wie beim Computer) einen neuen Menschen aus mir machen konnte. Und für dieses „Reset“ brauchte es gerade mal simple vier Grundzutaten:

 

Natur, Ruhe, Bewegung und Schweigen!

 

Nichts weiter. Oder doch. Selbstverständlich wusste ich, dass jedes noch so gute Basisrezept mit vielen weiteren gesunden Komponenten angereichert werden konnte - als Ergänzung sozusagen. Freundschaften, kreative Hobbies, Musik, der Glaube an sich selbst und Demut, um nur einige zu benennen, ergaben wahrlich eine ideale Bereicherung für mein hauseigenes Glücksrezept.


Aber um all das zu erfahren, zu begreifen und zu verinnerlichen, musste ich mich erst auf den Zauber des Neuanfangs einlassen und das Vergangene ein für alle Mal von mir abstreifen.

 

 

Und dafür brauchte es als Initialzündung den Herbsturlaub in den Bergen. Nichts hätte mich anders so positiv verändert, nichts hätte mich wieder so nah an den Puls meines Lebens herangeführt. Und weil das so war und diese unvergessliche Zeit mit mir in der Natur alle guten Geister reaktiviert hatte, die mir Kraft, Freude, Energie und Optimismus bescherten, bin ich überzeugt davon, dass alles, was die Natur mit dem Menschen macht, eine grundlegende Veränderung zum Positiven mit sich bringt.

 

Viel muss man selbst nicht dafür tun, um in diesen Genuss zu kommen. Es braucht keine weltbewegenden Opfer, die für einen persönlichen Wandel von Nöten wären. Alles, was einem die Natur freiwillig gibt, braucht man sich einfach nur zu nehmen. Aber begreifen muss man, was man für sich selbst aus ihr schöpfen kann. Auf das neue Unbekannte und Ungewohnte muss man sich einlassen können. Vielleicht muss man sich auch fallen lassen und von alten Mustern und Gewohnheiten endgültig ablassen. Ansonsten spaziert man kaum geläutert und blind an den Quellen der eigenen Lebenskraft vorbei.

 

 

Sicherlich ist Schweigen keine einfache Disziplin. Man muss sich in ihr üben. Auch das stundenlange Wandern über Stock und Stein ist für viele eine absolute körperliche und geistige Herausforderung, denn sie erfordert Durchhaltevermögen, Ausdauer und einen unbändigen Willen, gerade dann, wenn das Ziel in weiter, weiter Ferne liegt. Genauso schwierig ist es, sich achtsam auf seine Umgebung zu fokussieren und alle unproduktiven Gedanken konsequent auszublenden. Dabei habe ich natürlich leicht reden, wenn ich mich für vier Wochen in die totale Einsamkeit der Natur zurückziehen kann. Das ist wahrhaft ein seltener Luxus und gleichwohl die optimale Voraussetzung, um in der Ruhe Kraft zu tanken, die Seele baumeln zu lassen und tatsächlich alles loszulassen, was belastet. Die Natur ist der perfekte Ort zur Selbstreflexion und zur Selbstfindung.

 

Aber auch wenn ich die meiste Zeit in meiner aktuellen Lebenssituation an die Großstadt gebunden bin und den "Herbst meines Lebens" nicht aus der idealisierten Retrospektive reproduzieren, beziehungsweise wiedererleben kann, ist es mir durchaus möglich, mir immer wieder kleine Fluchten und Auszeiten vom Alltag zu schaffen, um voller Energie und Ausdauer den Neuanfang in ein noch ungeschriebenes Lebenskapitel mutig und mit Optimismus anzugehen.

 

 

Indem ich nämlich spazieren gehe, die Ruhe und Stille der Natur genieße, musiziere, liebenswerte Freunde treffe, gute Gespräche führe, tiefsinnige Bücher lese, mich kulturell bereichere, viel und oft lache, kreativ und frei gestalte (nur für mich und aus der Leidenschaft heraus) und immer und zu jeder Zeit fest an mich und meine Ziele glaube, damit das Glücksgefühl in mir, wie ein Muskel intensiv und nachhaltig trainiert wird, erlebe ich mein Dasein als absolute Erfüllung.

 

Für mich war der letzte Herbst ein Schlüsselerlebnis. Seitdem habe ich einmal mehr verstanden, was den Zauber eines Neuanfangs ausmachen kann und welche vier Grundpfeiler für mich essentiell sind, um meinem Leben wieder Sinn und Freude zu geben!

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